COVID_19 – eine noch nie da gewesene Pandemie?

Von Christian Eberhardt-Motzelt und Markus Berger

Was Vertrieb vor 100 Jahren mit dem heutigen gemein hat? Eine Ausnahmesituation!

„Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie wiederholt ihre Lehren“ mahnte bereits Richard Karl Freiherr von Weizsäcker. COVID 19 erzeugte eine globale, scheinbar noch nie da gewesene Ausnahmesituation. Persönlich wie gesellschaftlich. Lokal und global. Jedoch nicht zum ersten Mal in unserer jüngeren Geschichte, weshalb es lehrreich sein könnte, die damalige Situation und deren Verlauf zu analysieren.

Die Spanische Grippe forderte zwischen 1918 und 1920 laut der Fachzeitschrift Bulletin of the History of Medicine vom Frühjahr 2002 knapp 50 Millionen Todesopfer. Sie forderte einigen Quellen zu Folge mehr Opfer als der erste und zweite Weltkrieg zusammen (17+60 Millionen). Dies entsprach damals 3% der Weltbevölkerung (rund 1,65 Milliarden Menschen). Es starben Männer wie Frauen, vorwiegend im leistungsfähigsten Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Unklar ist noch, wie die Relation zu COVID 19 aussehen wird. Im Falle vergleichbarer Zahlen, würde es bei einer Weltbevölkerung von 7,7 Milliarden Menschen (2019) über 230 Millionen Menschen betreffen. In jedem Fall sollten wir die Lage für uns persönlich, wie unsere Mitmenschen ernst nehmen!

Wie wirkte sich die spanische Grippe in wirtschaftlicher Hinsicht aus? In einem sehr fundiert belegten Bericht, den wir Ihnen per Link gerne bereitstellen, finden Sie eine Zusammenfassung als auch Quellenangaben für vertiefende Studien. Im Blog der Federal Reserve Bank of St. Louis findet sich eine positiv stimmende Antwort: gar nicht.

Basierend auf diesen Erkenntnissen, blicken wir vorsichtig optimistisch nach vorne. Zwar sind die heutigen Lieferketten zweifelsohne globaler und komplexer als damals, somit möglicherweise anfälliger. Dafür aber auch der Vernetzungs- und Informationsgrad wesentlich höher, was rasche Reaktionen und intelligente Entscheidungen begünstigt. Große Verunsicherung bei unseren Mitgliedern entsteht durch die praktisch stündlich veränderten Rahmenbedingungen, welche Planung fast obsolet machen und die bisherigen Budgets über den Haufen werfen! Doch warum ist uns Planung so wichtig geworden?

(Un-)Planbar = (Un)Sicherheit?

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
  den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Viele von uns kennen diesen Ausspruch. Die Quelle ist allerdings weniger bekannt. Das Gelassenheitsgebet ist ein vermutlich von dem US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr verfasstes Gebet, das Gott um GelassenheitMut und Weisheit bittet.

In der aktuellen Situation scheint, dass viele Professionalsten Ihre Gelassenheit mit zunehmender Planungsunsicherheit verlieren. Doch warum? Was sind die Wurzeln heutiger Planungsaffinität und Unsicherheit bei Absenz dieser? Ist unser Verständnis von Planung nach wie vor zeitgemäß?

Die Fragen motivierten uns, die Geschichte der industriellen Planung zu durchstreifen und mögliche Handlungsoptionen für die aktuelle Situation abzuleiten. Was kommt vor der Planung? Ein Vorhaben.  Menschen, die ein solches umsetzen möchten. Sie schließen sich in Unternehmen zusammen, die kleinste Einheit unseres Wirtschaftssystems. Aber warum eigentlich als Unternehmen?  

Ronald Coase, im Jahr 1930 Absolvent der London School of Economics, ergründete wozu Firmen existieren. Für die wissenschaftliche Klärung dieser scheinbar trivialen Frage erhielt er 1991 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Seine Erkenntnis veröffentlichte er in „The Nature of firm“ in 1937. Unternehmen existieren, weil Sie die Transaktionskosten senken. Bedürfnisse werden durch Gruppen in kürzerer Zeit, mit weniger Aufwand zu geringeren Kosten gedeckt, als dies Einzelpersonen könnten. Und ein Teil dieser Transaktionskostenvorteile stellt den Gewinn des Unternehmens dar. Zentrales Erfolgselement für Unternehmen, war die Planung.

Was macht Planung attraktiv?

Eben erläuterte Erkenntnis führt vereinfacht zu folgender Gesetzmäßigkeit:

Transaktionskosten < Opportunitätskosten < Nutzen für Gemeinschaft = Unternehmensgewinn.

Umso geringer die Transaktionskosten werden, umso größer der Nutzen für die Gemeinschaft bzw. Gewinn von Unternehmen. Das beflügelte Unternehmer Transaktionskosten zu senken. Methodisch möglich wurde dies durch Verbindung dreier Systeme. Ein Planungssystem, das zu Beginn Annahmen trifft, später zuverlässige Daten benötigt. Auf Basis von Annahmen (später Daten) wird aus mehreren Handlungsalternativen eine Entscheidung für eine bestimmte Handlung getroffen. Diese Handlung wird in operativen Systemen umgesetzt. Die operativen Systeme melden Ergebnisdaten an ein Kontrollsystem zurück. In diesem wird die Ergebnisgüte bestimmt (Soll-Ist-Vergleich) und mittels Feedbackschleife Optimierungen in der Planung wie operativen Ausführung möglich.

Durch diese Feedback-Kultur entstand ein sich optimierendes System, das organisatorische und technologische Innovationen erzeugte, die zu sinkenden Transaktionskosten führten. Planung machte sich bezahlt. Kundennutzen könnte somit – rein mathematisch – auch als Verhältnis von Opportunitätskosten zu Transaktionskosten ausgedrückt werden.

Nutzen = Opportunitätskosten/Transaktionskosten

Umso kleiner die Transaktionskosten und höher die Opportunitätskosten sind, desto höher der Nutzen des Kunden. Und wenn mehrere Unternehmen eine Leistung anbieten, war die Frage wer die kleineren Transaktionskosten hat. Planungssicherheit war gleichbedeutend mit höherer Erfolgswahrscheinlichkeit. Fällt Planbarkeit weg, stimmen die Annahmen vielleicht nicht mehr, auf denen Entscheidungen getroffen wurden. Das führt zu Wettbewerbsnachteilen.

Kluge Köpfe killen Planung?

Unternehmen, welche wie dargelegt Transaktionskosten stärker senken konnten, als Ihre Wettbewerber, waren preiswerter und/oder profitabler. Konnten höhere Gehälter zahlen, somit kluge Köpfe versammeln. Doch „Die Klügsten Leute, arbeiten für jemand anderen“. Dieser Ausspruch von Bill Joy (Mitgründer von Sun Microsystems), wird auch als „Joy’s Law“ bezeichnet. Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass es außerhalb seiner Organisation mehr intelligente(re) Menschen gibt, als innerhalb. Umgelegt auf Österreich: Es existieren 25.000 Hersteller von Waren mit über 600.000 Angestellten. Mit großer Wahrscheinlichkeit, existieren in anderen Unternehmensorganisationen klügere Köpfe als in Ihrer.

Hoffentlich arbeiten diese klügeren Köpfe für Sie, dann lassen sich beschriebene Vorteile in eine Vertriebsstrategie gießen. Falls nicht, dann hoffentlich nicht in der gleichen Branche, am gleichen Kunden, im identen Projekt mit der gleichen Anwendung. Und wenn doch, dann reicht oft ein pfiffiger Vertrieb, der Kunden technisch wie wirtschaftlich kompetent berät. Der Lösungen erarbeitet, die dem Einfachheitsprinzip in den Technikwissenschaften folgend „Nicht so exakt (gut) wie möglich, sondern so genau (gut) wie nötig!“ ein Transaktionskostenoptimum erzeugt – das möglicherweise unter jenem des „intelligenteren“ Wettbewerbs liegt. Vereinzelt sogar, weil die Opportunitätskosten mit Bezug auf die Beziehungsqualität so hoch sind, dass der Kunde gerne Sie – trotz höherer Transaktionskosten – wählt. Weil hohe Opportunitätskosten höhere Transaktionskosten erlauben (rein mathematisch natürlich 😉 ).

Was aber, wenn die klugen Köpfe beginnen, Ihre Ideen in Eigenregie umzusetzen? Auf Massenmärkte skalieren und dies auch finanzieren können? Also klassische Planungskonzepte aushebeln, weil Teams in Projekten denken und arbeiten, statt in Prozessen? Das ist Demokratisierung von Finanzierung und Produktionsmitteln.

Demokratisierung von Finanzierung

Barack Obama ebnete 2012 mit dem JOBS Act (Jumpstart Our Business Startups) neuen Finanzierungsmodellen einen breiten Markteintritt. Dieses Gesetz ermöglichte webbasierten Crowd Funding Sites Gelder bis zu 1 Million Dollar ohne aufwändige Bilanzierungs- und Veröffentlichungsverpflichtungen von Privatpersonen annehmen zu dürfen. Mit diesem Schritt wurden Finanzierungsplattformen handlungsfähig und demokratisierten die Finanzierung. Auch hochvolumiger Einzelprojekte. Aus einigen gingen renommierte Unternehmen hervor, andere wurden aufgekauft, viele bestehen heute nicht mehr am Markt – müssen Sie aber auch nicht. Die Gründer agieren häufig projektspezifisch und führ(t)en attraktive Exits durch.

Ein Beispiel: PebblePebble startete 2009 als Studentenprojekt des damals 23-jährigen Eric Migicovsky an der University of Waterloo in Kanada und entwickelte die gleichnamige Smart Watch. Sie maß sich mit Sony’s Modell das April 2012 auf den Markt kam. Das Projekt startete er auf der Plattform Kickstarter.

Nach 1 Woche hatte Pebble über 3,3 Millionen Dollar eingesammelt. Nach 2 Wochen über 10 Millionen was 85.000 Uhren entsprach. Dies war der erfolgreichste Verkaufsstart einer Smart Watch die es bis dahin gab. Demokratisierung von Finanzierung.  Im Juli 2013 kam die Pebble in den offiziellen Verkauf, die erste Auflage war innerhalb von fünf Tagen ausverkauft. Im ersten Jahr wurden über 400.000 Pebbles verkauft, der Umsatz wurde auf 60 Millionen US-Dollar geschätzt. Neben der Kickstarter-Kampagne wurde Pebble durch Business Angels mit 26 Millionen US-Dollar finanziert.

Warum wurde die Uhr im Verkaufsstart so viel erfolgreicher als das Sony Modell? Mit der Kickstarter Kampagne bilden sich Kundengruppen die am Entstehungsprozess beteiligt sind. Eine Community. Sie bringen Ideen mit ein. Das Produkt wurde um die Community herum entwickelt!

Ab dem Moment wo 85.000 verkaufte Exemplare erreicht wurden, gab das Gründerteam bekannt ausverkauft zu sein, um sich der Herstellung derartiger Mengen zu widmen. Denn als Zielsumme für das Projekt gaben Sie initial 100.000€ an. Ihre Produktionsplanung war daran angelehnt. Sie flogen nach Hongkong.

Wie endete die Story von Pebble?

Was sind die Lehren die wir daraus ziehen können?

Ungeduldig, dann fragen Sie uns direkt oder warten Sie auf  Teil II!

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Planungssystem

https://www.tagesspiegel.de/wissen/grippe-pandemie-1918-das-virus-das-die-welt-veraenderte/21023200.htmlhttps://fredblog.stlouisfed.org/2020/03/the-economic-impact-of-a-pandemic/ https://de.wikipedia.org/wiki/Pebble_(Smartwatch)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert