Weiterbildung im Vertrieb: wohin geht die Reise?

Young Ladies with their Samer Phones

Mentoring, Generation Z, KI und bedingungsloses Grundeinkommen.

Im Folgenden findest du einen Beitrag, ausgehend von einer Diskussion innerhalb der VÖVM Fachgruppe „Ausbildung im Vertrieb“, die durch weiterführende Überlegungen des Autors ergänzt wurde. Vorab ein Hinweis auch dazu, dass es sich nicht immer unmittelbar um Vertriebsthemen handelt, weil wir mit dem Vertrieb auch Mensch und als solcher Eingebettet in viele Aspekte und Entwicklungen sind. Themen sind deshalb insbesondere: KI, Weiterbildung, Technologische Entwicklung, „Bedingungsloses“ Grundeinkommen, Werte, Generationen, Leistung und Leistungsbereitschaft.

Der Ausgangspunkt aktueller Gespräche ist der erfolgreiche Abschluss des ersten Jahres mit dem Mentoring-Programm, das insbesondere zwischen der Fachhochschule Wiener Neustadt und der VÖVM ins Leben gerufen wurde. Darin ging es um den Austausch bisher gemachter Erfahrungen insbesondere auch durch die Herausforderungen der Betriebe, geeignetes Personal zu finden. Vice versa stellt sich die Frage, wie Unternehmen über den Lohn hinaus attraktiv für junge Arbeitnehmer sein können. Dies bedeutet vielfach, dass sich die Unternehmen den Wünschen der Arbeitnehmer anpassen und ihnen in den Punkten entgegenkommen, die für sie möglich sind. Die Gewinnung neuer Mitarbeiter nimmt daher sukzessive ebenso Aspekte des Vertriebs an. Wie auch bei einer sonstigen Verhandlung geht es darum, eine Einigung in den jeweils machbaren Punkten zu finden und im Sinne der Nachfrage, ein entsprechendes Angebot zu entwerfen.

Emotional aufgeladen ist hierbei etwa eine vier Tage Woche oder die Reduktion von Stunden. In beiden stellt sich die Frage, wie sich dies in Summe ausgehen soll. Stehen wir doch gegenwertig vor der Herausforderung, dass für die (Wert-)Steigerung immer mehr Arbeit mit möglichst wenig Mitarbeitern erledigt wird. Gleichzeig mangelt es gerade an diesem dafür notwendigen qualifizierten Personal, wie etwa alleine der Elektrotechnik für die Energiewende kolportierte 18.000 Fachkräfte in Österreich fehlen. (Vgl. 13.800 fehlende Fachkräfte)

Verwiesen sei hier etwa auch auf Meinungen, wie jener von Frau Haslauer von Compact Electric, das vor kurzem als Interview im FACTORY Magazin erschien. (Siehe auch Haslauer, Compact Electric: „Wenn alle weniger arbeiten, wird es à la longue nicht gehen“)

Sie ist damit nicht allein. Vertriebsseitig hat sich zuletzt mit Martin Limbeck ein bedeutender Verkaufstrainer Deutschlands mit dem Buch „Dodoland – uns geht’s zu gut“ über die zunehmende Unlust zu arbeiten bzw. zu leisten echauffiert. (Ranklotzen statt Vier-Tage-Woche: Ohne Leistung geht es nicht!)

Angemerkt ist hier, dass jede Generation aus der gegenwertigen Situation heraus eigene Wertigkeiten für das Leben zieht. Diese ergeben sich jeweils aus den Erfahrungen und Schlüssen der vorgehenden Generationen. Beispielsweise, wenn ich sehe, dass meine Vorfahren nur gearbeitet haben, nicht für die Familie da sein konnten und auch sonst keine Zeit für Hobbies und Freude im Leben fanden, dann möchte ich es für mich anders haben. Noch dazu, wenn diese Menschen das vielleicht auch noch am Sterbebett bereuen und dies genau so weitergeben.

Was uns und generell der jeweiligen Generation wichtig ist, resümiert vor allem auch daraus, dass die Dinge, die uns wichtig sind, aus einer Mangelerscheinung heraus entstehen.  Was wir uns wünschen ist in der Regel das, was zum Zeitpunkt des Entstehens nicht verfügbar ist. Schließlich wünsche ich mir keinen Ferarri, wenn ich gerade in meinem sitze. Bei den Generationen zeigt sich dies zusätzlich durch unterschiedliche Ausprägungen und Annahmen in einer sich ausgleichenden Dynamik.

In einem Beitrag auf Instagramm war etwa zu sehen, wie ein Berater auf einen Unternehmer einging, der sein Problem dahingehend schilderte, dass seine Fluktuation zu hoch sei und er etwas dagegen unternehmen wolle. Die Antwort gliederte sich Generationentechnisch in etwa wie folgt: Jene erste Aufbauer-Generation, hat den Krieg miterlebt und den Mangel, den es dabei gab. Für sie war es wichtig, eine Grundversorgung zu haben. Sie leisteten Aufbauarbeit, packten an und waren ihrem Arbeitgeber treu. Das damit verbundene Motto könnte lauten: Wir leben um zu arbeiten.

Die folgende Generation X sah sich diesem konfrontiert. Ihr Fazit: Ich möchte auch etwas vom Leben haben. Sie arbeiten also, um zu Leben. Es ist ein Arbeiten für ein materiell gesichertes Leben. Arbeit ist das Mittel zum Zweck, es sich gut gehen zu lassen, es besser zu haben. Deutlich wird dies etwa durch den Ausblick auf ein tolles Leben in der Pension. Die nächste Genration Y sieht sich bereits der Situation ausgesetzt, dass von einer gesicherten Pension kaum die Rede sein kann. Was insofern bedeutet, dass Arbeit und Freizeit in Ausgleich stehen sollten. Für ein gutes Leben braucht es eine Arbeit, die Spaß macht und Sinn gibt. Arbeit ist Sinnerfüllung und damit Selbstverwirklichung. Begriffe wie Work-Life-Balance, Mitbestimmung, Flexibilität und Freiheit sind hier bedeutend. Ihr Motto ist: Leben und Arbeiten ist ein fließender Prozess.

Die jüngste Generation Z (ab 2000) prägt ein ganz anderes Bild. Sie sehen sich viel stärker Unbekanntem und Unsicherheit ausgesetzt. Krisen zeigen immer stärker, dass auf bestehendem kaum Verlass ist. Auch die Form der Arbeit hat sich verändert – vom vor allem körperlich hart arbeitenden Arbeiter hin zum kreativen Wissensangestellten, wenn nicht gar Freischaffenden. Das Informationszeitalter ist hier ganz bedeutend, ebenso wie die damit einhergehende Flut an Reizen und Neuigkeiten und der durch Social Media wichtiger werdenden Qualifizierung der einprasselnden Information. Welcher Quelle ist auf deren Wahrheitsgehalt noch zu vertrauen? Ich würde sogar so weit gehen, hier eine Vertrauenskrise in den Raum zu stellen. Das zeigt sich in Ausprägungen wie etwa der geringen Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber oder auch der Rast- und Perspektivenlosigkeit sowie einer sukzessive verschwimmenden Grenze von Arbeit und Privatleben. Für diese Generation geht das Leben vor. Das Motto ist also: Leben steht vor der Arbeit.  (Vergleiche auch: Wertewandel unterschiedlicher Generationen in der Arbeitswelt oder Der Wertewandel der Generation X, Y und Z: Ein Überblick).

Ein für diese Generation stärker werdender Gedanke, ist jene des „bedingungslosen“ Grundeinkommens, dass inzwischen auch in der Literatur durch die Idee, Maschinen, d.h. Automatisierung und KI, könnten für uns die Arbeit und damit auch die Wertschöpfung übernehmen und wir müssten nicht mehr arbeiten. Etwas zu erhalten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Genau hier steckt aus meiner Sicht jedoch die Utopie. Denn unser miteinander fußt darauf, dass wir Dinge unterschiedlichen subjektiven Wertes gegeneinander austauschen. Geld ist dabei nur ein generell akzeptiertes Tauschmittel. Wenn ich also etwas benötige, muss ich einem anderen etwas bieten können, d.h. mitunter für seine Sache dienlich sein, damit ich im Austausch auch das von ihm erhalte, das mir gegenwertig mehr Wert ist, als der Gegenstand/Zeit/Kompetenz, den ich dafür bereit bin herzugeben. Dieser Wert kann selbstverständlich unendlich gesteigert werden. Denkt man an eine Krankheit, die nur mit diesem einen Gegenmittel geheilt werden kann, dass mein Gegenüber mir geben kann. Was bin ich also bereit hierfür zu geben?

Diese Art der Wertschöpfung könnte meiner Meinung nach KI und allgemein der technische Fortschritt sehr wohl leisten. Bedeutsam ist jedoch, dass wir auf der „richtigen“ Seite beteiligt sind, d.h. Anteilseigner an jenen Unternehmen sind, die diese Leistungen erstellen. Sogenannte „Dark Factorys“ sind mit aktuellen Technologien inzwischen näher als wir gegenwertig vielerorts annehmen. Steffen Rattke von Rittal gab hier etwa in einem Interview im FACTORY Magazin Einblick dazu (Steffen Rattke: „Wir stellen maximale Transparenz in der Produktion her“)

Diese Chance, des sogenannten passiven Einkommens (um zu leben wie die Superreichen) wird uns auch von Life Coaches, wie etwa Bodo Schäfer oder Robert T. Kiyosaki, dem Autor von Rich Dad, Poor Dad, einem Standardwerk für den Umgang mit Geld, postuliert. Rente mit 40 versprechen sich auch die sogenannten Frugalisten, die diese Einstellung zu ihrem Lebensstil gemacht haben. (Vergleiche auch den Blog von Oliver unter folgendem Link: „Hat dein Leben mehr zu bieten, als Tag für Tag arbeiten zu gehen?“ oder folgendem Beitrag: „Rente mit 40: So kann es mit dem frühen Ruhestand klappen

Im Kern geht es dabei darum, Ausgaben so gut es geht zu reduzieren und einen möglichst geringen Lebensstandard zu haben. Gleichzeitig investieren Sie den „großen“ restlichen Anteil aus Ihrem Gehalt. Wir brauchen kein großer Kopfrechner zu sein, um zu erkennen, dass mit der Ansammlung relativ großer Geldbeträge, bald eine beträchtliche Summe zusammenkommt, mit der der Mensch alleine damit lange Zeit auskommt, weil auch seine Ausgaben sehr gering sind. Der Betrag, der damit ein Leben lang reicht, kann daher durchaus kleiner sein als jener, den viele von uns mit wohlhabenden Menschen verbinden würden. Wen es interessiert, selbst zu erfahren, wann es bei einem so weit wäre, sei auf folgende Seite verwiesen: „Finanzielle Freiheit Rechner

In Deutschland zeigen sich zusehends bereits Probleme im Budgethaushalt. Insbesondere die Thematik des Generationenvertrages bei der Pension ist für viele ein Anzeigen dafür. Vielfach wird aber auch eine unzureichende Investition in die Infrastruktur bemängelt.
Viele Gründer klagen deshalb bereits, dass es Unternehmern in Deutschland immer schwerer gemacht wird, das Business aufzustellen und im Sinne aller wieder wertschöpfende Arbeiten ins Land zu bringen. Ausprägungen davon sind etwa die angedachte Steuer auf neue Technologien wie KI, wie dies etwa Carsten Maschmeyer in einem Posting auf LinkedIn zuletzt kritisierte (siehe auch „SPD und Grüne erwägen KI-Steuer

Was bedeutet es aber für die Gesellschaft? Es kann keine Lösung sein, den „Reichen“ alles wegzunehmen, und die Schuld von mir zu schieben. Gleichzeitig braucht es für ein zukünftiges gutes Miteinander jedoch auch ein solches Verständnis. Aus Vertriebs- und Unternehmenssicht verfolgt Hans Bachinger, aus den Entwicklungen heraus aktuell mit seinem Unternehmen Menschen im Vertrieb, den Ansatz, die Leistung des gesamten Teams zu honorieren und den Erfolg damit nicht auf wenige Personen sondern auf viele zu verteilen. (Vgl. „Die Leistungslüge“ auf Menschen im Vertrieb). Ein Motivationsansatz, der für mich auch gesellschaftlich in die richtige Richtung geht.

KI als eine bahnbrechende Technologie, die ähnlich wie der Einsatz von Computern selbst, beschleunigt die Verarbeitung sowie die Reproduktion von Wissen enorm. Das stellt auch Ausbildungsanbieter vor enorme Herausforderungen, die Frage zu beantworten, welche Kompetenzen und welches Wissen an zukünftige Vertriebsmitarbeiter vermittelt werden sollen. Wie tief kann man in Themengebiete eintauchen, ohne dass diese Kompetenz in wenigen Jahren bereits wieder vergeben ist? Auch zeigt sich hier für die Forschung, dass für die Erforschung ein Themenbereich erst einmal vorhanden sein muss während in der Praxis die Tools und Entwicklungen sogleich auf deren Praktikabilität hin, sogleich ausprobiert und getestet werden.

Eine wesentliche Überschneidung ist hier etwa der Umgang mit diesem Informations-Overload und dem damit verbundenen Stress, mit dem sich der Vertrieb Zusehens konfrontiert sieht.

Das Mentoring bringt Erfahrung mit jungen ambitionierten Führungskräften und hilft so den menschlichen Gap der Persönlichkeitsentwicklung zu schließen. Mit Herbst 2023 geht das Programm nun in die zweite Runde. Wenn auch du daran entweder als Mentor oder auch als Mentee dabei zu sein, setze dich gerne mit uns in Verbindung.

Wir freuen uns auf die Fortführung eines generationsübergreifenden bereichernden Austausches im Vertrieb.

Martin Mockfactorynet.at, VÖVM-Fachgruppenleiter „Ausbildung im Vertrieb“

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